Challenge Roth 2015 – Eine Geschichte vom Durchhalten, Zuspruch und Willensstärke

Hannelore Philipp

Als ich mich am Montag 21.Juli 2014 für die Anmeldung zum CR 2015 3 Stunden angestanden habe und 400,–€ los wurde, wußte ich noch nicht was für Stolpersteine und Ereignisse im Laufe des Jahres auf mich zukamen.
Für einen Hobbytriathleten beginnt ja das Langdistanztraining so im November spätestens am 01. Dezember fällt der Startschuß. Tja, da ging es schon los mit einer schweren hartnäckigen Erkältung (Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Bronchien). Zuvor war ich schon beim Arzt um mal ein großes BlutBild machen zu lassen, da ich mich das ganze Jahr nicht gut fühlte und nicht in die Gänge kam.

Außerdem war wieder ein Check wegen meiner Schilddrüsenwerte fällig. So habe ich das ganze in einem Aufwasch erledigt. Nur das Ergebnis war nicht gut. Zu hoher Calciumwert im Blut ließ auf ein Adenom an der Nebenschilddrüse schließen – Fazit Operation unumgänglich und sofortiges Sportverbot. Operation wurde für den 14. Januar 2015 angesetzt und das Sportverbot war gut umzusetzen, denn an Weihnachten habe ich einen Rückfall erlitten was obige Erkältung betraf. So mußte ich zusehen, daß ich zur OP gesund werde. Jetzt schon abmelden daran wollte ich noch nicht denken, da zumal auch die Ärztin anmerkte, daß einem Langdistanztraining und einem Start in Roth nichts im Wege steht außer 2 Monate fehlende Grundlage.

Mein Start ins Training begann daher in der letzten Januarwoche 2015 mit Laufen: 5Min gehen, 5Min Laufen insgesamt 30 Minuten. Ich sehnte nach 5 Min Laufen die Gehpassagen herbei. Na das kann ja heiter werden. So steigerte ich mich von Woche zu Woche und auch das Schwimmen wurde in Angriff genommen. Radfahren nur sporadisch mit Crosser oder Mtb wenn es das Wetter zugelassen hat. Immer mit dem Hintergedanken, bis 30. April kann ich mich noch abmelden.

Aus meiner näheren Umgebung wurde mir das auch immer angeraten, aber wer mich kennt, weiß daß ich nicht so schnell die Flinte ins Korn werfe. Und als sie merkten daß ich gewillt bin das durchzuziehen standen sie auch hinter mir. So habe ich von Woche zu Woche trainiert und die Dosis gesteigert. Immer mit dem nötigen Ruhetag, zwangsweise (Eltern).

An Pfingsten erlitt ich einen kleinen Rückfall durch einen Magen-Darm-Infekt, der mich nochmal 1 Woche kostete. So gingen die Wochen dahin und man „muß“ trainieren bei Wind (stürmisch) und Wetter (heiß bis regnerisch und kalt) ob man Lust hat oder nicht. Ich trainierte die meiste Zeit allein, da ich mich nur nach mir richten mußte und wollte.

Der Challenge rückte immer näher und beim Rothsee-Triathlon testete ich meine Form. Naja ich kam durch, aber das bestätigte mich, daß beim Challenge nicht die Zeit eine Rolle spielt sondern nur das „Ankommen“.
So kam die Challenge-Woche mit ihrem Vorgeplänkel: Startunterlagen abholen, ihre Nervosität überspielende Triathleten, Triamesse (alles was der Triathlet will aber nicht braucht ☺ ), Nudelparty, tapen lassen von oben bis unten, Finishershirts präsentieren, Rad einchecken, Laufbeutel abgeben und kaum schlafen in der Nacht auf den Wettkampfsonntag.

Um 2 Uhr früh war für mich die Nacht beendet. Frühstücken und dann rechtzeitig nach Hilpoltstein fahren, damit ich nicht im Anfahrtsstau stehe. Natürlich war ich zu bald, selbst die Polizei war noch nicht richtig sortiert.
Ab 5 Uhr rein in die Wettkampfzone Rad noch mal checken, Schwimmbeutel zurechtlegen und die Stimmung aufsaugen. Ich glaube sie spielen da immer mit Absicht stimmungsschwangere Lieder z.B. Gladiator,
die unter die Haut gehen und meine Nervosität wurde immer größer. Das Schwimmen machte mich nervös, da ich das vernachlässigt habe und nur 1mal die Woche geschwommen bin. Aber noch mehr
beunruhigten mich die schmerzhaften Wadenkrämpfe beim Schwimmen die ich im Training seit meiner OP in schöner Regelmäßigkeit nach ca 1000-1500m bekommen habe. Werde ich das in Griff bekommen? Schwimme ich mit wenig Beine und halte ich das durch. Während ich, schon im Neo, so vor mich hinstarre, kommt Norman Stadler mit seinem Jungen an der Hand vorbei und lächelt mir zu. Er hat bestimmt meine Nervosität erkannt. Dann hätte ich bald noch meinen Start verpaßt, da ich den Profis bei ihrem Startschuß noch zugeschaut habe. Aber dann ab in die Startzone,
rein ins Wasser, sortieren, dann der Start und ruhig geschwommen, versucht aus dem Hauen und Stechen sich rauszuhalten so gut es ging und nach ca. 200m war alles entzerrt bzw. der Großteil war schon weiter vorausgeschwommen, weil schneller.

Ich fand aber schnell meinen Rhythmus was Kraulzug und Atmung anging und schwamm so dahin. Auch auf die Krämpfe konnte ich mich verlassen so nach ca.2000m zupfte das linke Bein leicht an und ich steuerte mit
Lockerungsübungen mit dem Fuß dagegen. (Alles im Training geübt). Dann, ich konnte mich darauf verlassen, fing der rechte an zu zupfen: Lockerungsübungen etc. So schaffte ich es doch
ziemlich entspannt zum Schwimmausstieg und humpelte erst mal raus, aber nach ein paar Schritten war alles entkrampft.

Hannelore Philipp
Hannelore Philipp am Schwimmausstieg

Schwimmbeutel schnappen, raus aus dem Neo, mehr oder weniger schnell, zum Rad, Helm auf, Brille, Schuhe an, Startnummer nicht vergessen, Rad geschnappt und los. So ging es auf die 1. Radrunde. Selingstädter Berg, Kalvarienberg, Eurohill und danach schwand so langsam meine Kondition. Da fing das Kopfkino an: ich kann nimmer, iss was, trink was, Zeit egal, oh noch eine Runde. Am Kränzleinsberg die ersten bekannten Gesichter und ich freute mich auf den Solarer Berg. In der 2. Radrunde frischte auch noch der Wind auf bis böig, so daß man sich manchmal auf dem Rad richtig festhalten mußte. Im Training blies der Wind ebenso stürmisch und ich dachte mir damals schon, beim Challenge kann ich das nicht gebrauchen. Aber anscheinend gibt es keinen Triathlongott. Dies war für meine Verfassung natürlich nicht sehr förderlich. Kann mal jemand den großen Ventilator ausschalten!!!
Die Strecke nervte (die hat man ja schon so oft gefahren und kennt jeden Grashalm), die Treterei regt mich auf, ich will nimmer, ich kann nimmer. Dazu häuften sich jetzt am Straßenrand andere Athleten die meine Aufgabegedanken in die Tat umsetzten. Zudem fuhr fast provozierend ständig die 2 Sprinter „Rückholservice“ an mir vorbei. Mein Körper sagte: steig ein, mein Wille und Geist sagte: fahr weiter und quäl dich du, du hast es so gewollt
und auf der Laufstrecke warten deine Fans, die wollte ich nicht enttäuschen. Also rollerte ich bis ins Radziel und wechselte auf die Laufstrecke (des wird heut spät).

Hannelore Philipp
Hannelore Philipp unterwegs

So joggte ich locker bis zur 1. Verpflegungsstation wo Peter mit meinem bestellten alkoholfreien kühlem Bier wartete. Aber erst jammerte, ja heulte ich ihm was vor, daß ich nicht mehr kann, ich bin platt und überhaupt.
Aber er redete mir gut zu, ich soll auch erst mal trinken und Jutta und Werner warten an der Lände. Ich nahm nochmal einen kräftigen Schluck und trabte weiter, fand meinen Rhythmus immer lockerer GA1 Bereich. Auf dem Weg zur Lände durchqueren wir einen Wald der mit Schildern von Unicef gespickt ist, auf denen auch so Sprüche dabei sind wie: „Du hast es so gewollt“,“Heul nicht, lauf“. Sie haben ja so recht und waren auch wieder motivierend. Bei Jutta und Werner angelangt, die mich euphorisch empfingen, ging das Gejammere von vorne los. Auch Peter war inzwischen eingetroffen. Einen kräftigen Schluck nehmend, gutes Zureden und einen mit Radschuhen neben mir laufenden Werner ging es weiter. Beim Kanal schickte er mich Richtung Schleuse und verabschiedete sich mit den Worten “ wir warten in Schwand“.
Ich legte mir eine Strategie zurecht die ich fast bis zum Schluß beibehalten habe. Lockeres GA1 bis zur Verpflegungsstelle, dann gehen, anständig verpflegen und dann weiter lockeres GA1. Wobei das anständig verpflegen mittlerweile zum Problem wurde da ich nichts mehr hineinbrachte und auch nicht das Bedürfnis hatte und das süße Zeug hing mir auch zum Halse raus. Ich nahm nur noch einen TUC-Cräcker und Cola zu mir. Wasser schüttete ich mir nur über den Kopf. Zwischendurch nahm ich doch noch ein Gel zu mir und meine Salztabletten.
Auf dem Weg zur Schleuse ereilte mich dann noch ein hinterer Oberschenkelkrampf rechts, den ich im Stile von Jan Frodeno (Frankfurt 2014) ausdehnte und weiter gings. Ich erreichte die Schleuse und in der Kurve nach Schwand standen meine Fans. Werner schrie: gell jetzt läufts und ich antwortete: jetzt bin ich nicht mehr aufzuhalten. In Schwand traf ich noch meinen Bruder und war dann freudig überrascht, daß man nicht mehr bis zum Ortsschild rennen mußte und dann erst wenden. Am Rückweg wieder Bruder und dann in der Kurve Jutta, Werner und Peter. Dort nochmal einen kräftigen Schluck und weiter ging es. Am Rückweg merkte ich aber daß es immer schwerer wird (Schnauferei, platt). Mein Dieselmotor für den ich ja bekannt bin stotterte immer mehr. Unterstützung bekam ich von der gegenüberliegenden Seite. Da feuerten mich Werner und Jutta von Rad aus an (Hanne du schaust gut aus, du bist unser Held) Sie waren auf den Weg nach Haimpfarrich. Fan sein ist auch ganz schön streßig. Dann freute ich mich auf die Verpflegung bei km 23, da wartete Sabine. Sie war dort im Einsatz als Helfer. An der Verpflegung das übliche Prozedere: Schwämme annehmen und am Kopf ausdrücken, Cola aufnehmen und TUC-Cräcker nehmen. Wasser nochmal drüberschütten. Als ich Sabine entdeckte war die Freude groß. Aber erst jammerte ich sie auch wieder voll und habe meinen rechten Schuh ausgezogen weil ich einen Stein aussortieren mußte. Darauf reagierte aber mein rechter vorderer Radfahrermuskel beleidigt und krampfte schmerzhaft. Sofort war ein Eisbeutel und eine Bank zur Stelle, aber davon wurde es nicht besser, eher schlechter. Ich stand wieder auf, Sabine gab mir eine Fleischbrühe und ging ein Stück mit mir und a la Frodo kurze Dehnübungen und weiter. In Haimpfarrich vermißte ich meinen Fanclub und rannte weiter Richtung Eckersmühlen. Mittlerweile vermied ich es mir Wasser über den Kopf zu schütten, denn so warm war es auch wieder nicht und ich war klitschnass und fror. Denn der Wind von der Radstrecke blies immer noch sehr kräftig. Am Rückweg sah ich dann Jutta in Haimpfarrich stehen, die mich fragte ob ich aus Eckersmühlen komme. Meine Antwort: Gottseidank jetzt geht’s heim. Sie hätten mich verpaßt. Ich wäre zu „schnell“ gerannt. Ich, schnell, heute hätten sogar die Schnecken eine Chance. So schleppte ich mich Richtung Roth mit immer länger werdenden Gehpassagen. (Dieselmotor stottert) Am TKN-Eck feuerten mich Katja und Bernd am Hin- und Rückweg nochmal an und dann ab ins Ziel. Im Zielkanal kam ich noch in den Genuß von rempelnden Staffeln und Einzelathleten und ließ mir aber meinen Zieleinlauf nicht vermiesen. Abklatschend und genießend hatte ich einen tollen Zieleinlauf. Zeit egal, wird eh überbewertet. Im Ziel kümmerte sich erstmal keiner um mich, da ich das Pech hatte daß eine Datevstaffel  ins Ziel eingelaufen ist und beglückwünscht und extra fotografiert wurde. Das gibt einen Minuspunkt für Felix. Dann bemerkte man mich doch und hängte mir meine Medaille um und beglückwünschte mich auch und ich widmete mich meiner Siegespose die ich meiner Schwester und Schwager versprechen musste. Sie verfolgten mich den ganzen Tag am Computer und sahen mich live ins Ziel einlaufen.

Hannelore Philipp
Hannelore Philipp im Ziel

Dann wie gehabt: Glücklich und zufrieden ab ins Verpflegungszelt, Finishershirt abholen, Erdinger trinken, Beutel abholen, kultivieren, 1 Wurstweckle essen obwohl man keinen Hunger hat, endlich mal hinsetzen, vor sich hinstarren, quatschen, andere beglückwünschen, Bekannte treffen und dann auschecken. Außerhalb von der Endverpflegung wartet der erste muskuläre Test auf einen: Treppen, vor allem runter, aber das ging außerordentlich gut (um mit Yvonne van Vlerken einmal zu sprechen: ich habe keine Schmerzen). Ich fühlte mich schon im Ziel ziemlich entspannt. Naja, wenn man sich nur im Wohlfühlbereich bewegt!!!

Mit „Kümmerin“ Sabine holte ich dann meine Sachen (Rad und Schwimmbeutel) und sie fuhr mich zu meinem Auto nach Hip und ein langer Tag ging zu Ende. 24Uhr war ich daheim in Nürnberg als ich in die Humboldtstraße einbog. Daß ich da wie immer keinen Parkplatz fand ist mein persönliches Problem mit dem ich schon rechnete, aber daß ich nicht mal in näherer Umgebung einen fand war schon enorm und ich wurde erst hinterm Südbad in der Kleestraße fündig. Diese Laufeinheit wollte ich mir eigentlich ersparen, da ich ja noch meinen 4. Stock vor mir hatte (ohne Aufzug).

Aber ich sah es positiv, das war schon Teil der Regeneration.

Nochmal meinen besonderen Dank an Sabine, Jutta, Werner und Peter für Euren Zuspruch und Unterstützung.
PS: Danke auch an alle die mich angefeuert haben.

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